28.12.20

WETTER-
UMSCHWUNG


Jeder Mensch 
bedeutet
den Umschwung
flüchtigen Wetters.

Der Eine 
ist Schnee
und Kälte.
Der Andere
ist Sonnenschein
und Wärme.

Jeder Mensch
ist anders.
Jeder Mensch
verschafft Dir
für die lange Nacht 
Migräne.

27.12.20

GEGEN-
WART


Ein Mann 
dreht durch.
Eine Frau 
meint:
So ist
das Leben.

Wie oft 
hat ein Mensch
seine Hochs 
und Tiefs
mit dem Auf 
und dem Ab
unseres Lebens
verwechselt?

25.12.20

RESIGNATION


Wer
alles ablehnt,
lehnt sich auch 
gegen alles auf
und wer sich 
auflehnt,

lehnt sich weit
aus dem Fenster
und wer sich
aus dem Fenster 
lehnt,

fällt 
auf
die
Fresse.

22.12.20

WUNSCHTRAUM


Wenn die ganzen Körper leicht,
wie die Schäfchenwolken wären
und der blaue Himmel geigt
uns‘re Freude und das Leid,

wäre ich von Raum und Zeit
und des wirren Lebens Lehren
und dem Reich „Vergangenheit“
ein für alle Male befreit.

20.12.20

- HEIßHUNGER -

LIEDCHEN


Wer nicht 
den Kopf...
den Kopf
in den Wolken 
hat,
steckt den Kopf...
den Kopf
in den Sand.

Wer nicht 
den Kopf,
den Kopf...
in den Sand
steckt,
hat keinen Kopf
oder
keinen Sand.
OHNMACHT V


Vielleicht
zieht uns
das Mitgefühl
aus der Isolation
raus.

Vielleicht
zieht uns
die Last
der Schicksale
ins Verderben.

Vielleicht
bleibt alles
wie es ist.

18.12.20

FEIERABEND


Abendruh‘
macht mich taub.
Auf das Du
und den Schuh
legt sich Staub.

Kopf, bist rot,
wie der Mohn.
Trock‘nes Brot
und der Tod
sind der Lohn.
DEZEMBERNACHT


Der Sterne Strahlen 
sind fast ein Raster
und Jahreszahlen
erscheinen blass
und blasser.

Des Äthers Schwärze
entsteigt den Seelen,
will Licht der Kerze
und Lieb‘ und Hass
für ewig stehlen.

13.12.20

MORGENZWEIFEL


Nehmt mir die ganzen Farben weg!
Sonst mal‘ ich unermüdlich weiter.
Nehmt Spiegeleier und den Speck!
Sonst werd‘ ich immer breiter.

Nehmt mir die ganzen dummen Sorgen!
Ich brauch‘ sie wirklich niemals mehr.
Macht mir nicht schon am frühen Morgen
das liederliche Leben schwer!

11.12.20

LEBENS-
HUNGER


Ich esse Käse und die Trauben
und Seele baumelt, wie die Beine
und ich will blaue Augen
und ich will rote Weine
ganz für mich, für mich alleine.

Ich esse Trauben und den Käse
und sauge gierig alles auf
und esse, da ich ewig lebe,
und ahn‘ der Dinge Lauf:
Ich ess‘ das Leben auf!

10.12.20

KAMINGEDANKEN 


Auf allen Heiden stehen 
die kargen Bäume 
und wilde Winde wehen 
und hindern das Fortgehen 
und Träumen großer Träume. 

Auf allen Heiden laufen 
die müden Tiere 
und alte Männer rauchen 
und alte Männer saufen 
wohl viele, viele Biere.

05.12.20

ELEGIE VII


Das Dasein drängt
die Sehnsucht fort
und alles denkt:
„Welch dunkler Ort!“

„Welch schwarze Welt!
Wer hier was tut,
verlässt sein Geld
und Hab und Gut!“

Im Herzen brennt
ein böses Wort
und Sehnsucht drängt
das Dasein fort.
HAUSFÜHRUNG


Die ganzen Stühle waren hier
noch nie zum Herumsitzen da.
Sie stehen an der Eingangstür
und schützen mich vor jeder Gefahr.

Die ganze Zeitung war auch nie
zum stundenlangen Lesen gedacht.
Ich klebe sie ans Fenster. Sieh! -
Ist es wohl Tag? Ist es wohl Nacht?

Ich bastle aus dem Zeitungspapier
ein zauberhaftes Kranichpaar.
Die ganzen Stühle waren hier
noch nie zum Herumsitzen da.

01.12.20

WELT-
STILLE


Still!
Still!

In aller 
Augen
Höhlen,
macht 
der Sommer
Winterschlaf.

Weine!
Auch
die Träne
schläft

tief
und fest.
TRAUM-
SEQUENZ


„Und der letzte Halt:
Die Haltlosigkeit!“.
Und die große Gestalt
folgt der kleinen Gestalt
in die starre Dunkelheit.

Alle Stimmen waren,
wie die Stille, fern
und Radfahrer fahren
mit den langen Haaren
zum verwaisten Stern.

26.11.20

ABENDMONOLOG


Der wilde Wind ist wie ein Tier,
das klagt aus einem kühlen Grund
und auch ein langer Traum hält mir
die Hand vorm Mund.

Das Glück hat heute Glück gehabt.
Man lässt es einfach still in Ruh‘.
Man hört in dieser langen Nacht
des fernen Windes Klage zu.

25.11.20

KLEINE
MELANCHOLIE


Wie Ameisen kriechen
wilde Tränen dahin

und die Zweifel fließen
in das „Ichwar“, „Ichbin“

und Gesichter werden
grüner als der Klee

und auf alten Bergen
wandert neuer Schnee.
CHOR 
DER „EMPATHEN“


Was ich in der Ellbogenwelt
auch immer denke oder tu ...
Wer heute meinen Rücken freihält,
dem kehre ich den Rücken zu.

Es ist, wie‘s ist! Mir tut es leid,
dass leider mir nichts leid tut.
So sind die Menschen dieser Zeit.
Sie sind nicht böse und nicht gut.

Es ist, wie‘s ist. Wer sich beklagt,
der hört sich allzu gerne reden.
Wer ehrlich wäre, ehrlich gesagt,
der würde wohl aufgeben.

Was ich in der Ellbogenwelt
auch immer tu und denke...
Wer alle Fäden in der Hand hält,
bekommt auch noch Geschenke.

21.11.20

SCHEINIDYLLE


Wenn die Ruhe sanft
unser Herz beschleicht
und kein Wesen friert und bangt,
wie in kalter Jahreszeit,
ist der Winter gar nicht weit.

20.11.20

FLANEUR-
MONOLOG


Die Dinge,
über die ich mich 
gar nicht ärgere,
vergesse ich,
wie der Freunde
Telefonnummern

und ich vergesse,
wie Hausnummern
meiner Freunde,
dass ich mich
über den Ärger 
ärgere.

18.11.20

ERINNERUNG VI


Die Endloszüge
in meinem Kopf
entgleisen.

An der Schädel
harten Decke 
klopft,

einsam
erstickend,

die Angst.
LETZTE NACHT


Ein Traum vom Tod
der lieben Verwandten
und ein Traum
von eigener Krankheit,
die mich im Krankenhaus
ans schweißnasse Bett 
gefesselt hat,
werden von einer Sirene
unterbrochen.
Ist wer gestorben?
Ist wer krank?

15.11.20

STURMNACHT


Der Himmel harrt
und hurt
mit Sturm
und Regen rum

und Träume ebnen
den Nachtgeräuschen

einsame Wege.

14.11.20

ALLTAGSLIED


Wir waschen
unsere Köpfe
und Wäsche,
und tun wir 
nur einen Schritt
vor die Haustür,
fühlen wir uns
so dreckig
wie nie.

Wir waschen
unsere Köpfe
und Wäsche
und wir sind
dem Müdesein
müde.

12.11.20

ELEGIE VI


Die Erinn’rung gleicht
dem Sodbrennen bald.
Denn aus Inn’ren steigt,
wohl mit ganzer Gewalt,
was die Seele krallt.

Alles schmeckt fad
und man schluckt es runter
und man nimmt ein Bad
in des Daseins Plunder
und wird niemals munter.

01.11.20

BETTGEDANKEN


Viele Menschen liegen hier
und sie stöhnen lang und froh,
wie ein großes Tier
in dem großen Zoo.

Viele Menschen schlafen fest
und sie finden ihre Ruhe. 
Nur der Bäcker stürzt gehetzt 
über seine eig’nen Schuhe.

12.10.20

LANGEWEILE


Durch der Städte Wolken bricht
dieses falterleichte Blau
und in Häusern bleibt es bunt,
wie das Federkleid vom Pfau.

Lange! Lange weilt bei uns
blasser Langeweile Hauch
und das Wolkenazur strahlt
über allem Dunst und Rauch.

06.10.20

ANTHROPOZÄN


Aller Hampelmänner Glieder
hängen nur noch kraftlos runter.
Als verstummten wilde Lieder
und das Sein wird niemals wieder
wohl das Größte aller Wunder.

Aller Wolken bunte Bahnen
fliegen mit den Morgenwinden.
Doch die Stille will uns warnen,
dass die Feste und Fanfaren
auf der ganzen Welt verschwinden.

29.09.20

ELEGIE V


Wer der Schwermut zugetan,
kennt entspanntes Schweigen nicht
und verwirft den Lebensplan,
wie der Dichter sein Gedicht,
das von echter Liebe spricht.

Wer vor Jammer schwächelnd fällt,
kippt auf seinen Zinken bald.
Gestern stand die ganze Welt.
Heute bleibt sie schräg und kalt
und gibt keiner Seele Halt.

27.09.20

RESIGNATION XI


Der ganze Lärm wird,
wie das Wetter,
hingenommen.
Alles ist eben wie es ist,
und man kann nichts
dagegen tun.

Das Wort ist hohler
als ein von Käfern
zerfressener Baum
und das Wetter wird,
wie der Lärm,
hingenommen.

24.09.20

ALLTAGSWAHNSINN

Im Internet
werden die Strophen
vom alten Pablo Neruda
von bunter Reklame
getrennt


und bei jeder Sendung
kommt aller fünf Minuten
immer die gleiche Werbung

und auch die Glanzwelt
in meinem Traum blendet,
wie der Times Square,

jede Nacht
jeden Gedanken.

23.09.20

MONOLOG
XXI


Die Gräser
schwanken,
als wären sie
betrunken.

Die Bäume
schweigen,
als wären sie
verkatert.

Die Welt bleibt,
da sie blau ist,
grün.

20.09.20

SOMMER-
LETHARGIE


Der Goldsonne
hundert Strahlen
greifen
tentakelgleich

nach den Gefühlen
und Gedanken
der Menschen

und zwischen Hütten
und Palästen
ächzt

die Welt.

16.09.20

ERKENNTNIS XVII


Die Ignoranz
der Anderen
schürt
fleißig
den Großbrand
Weltschmerz.

Wenn
ein Mensch
niemals
wegsieht,

verschließt er 
immer
die Augen.

13.09.20

GEFALL-
SUCHT


Jedes Ding 
posiert
vor mir.

Jedes Ding
muss gefallen,
um Platz

im Raum
und Herzen 
zu finden.

Jedes Ding
atmet 
meinen Blick.

09.09.20

PLAGE


Auch heute bleibt Gedanke
in allen Orten Gast!
Wenn ich ans Fenster schwanke,
und mit den Bäumen zanke,
sitzt er auf jedem Ast.

Auch heute atmen Sorgen,
wie aller Kummer, frei!
Sie fühlen sich am Morgen
und Abend wohl geborgen,
- und Äste brechen entzwei.

27.08.20

ZAHNWEH


Säulenheilige
schwanken
gelb
im Steinbruch.

Aepfel 
irren
hellrot

durch die Ruine.
MORGEN-
TRISTESSE


Auf dem Grund
des schwarzen Kaffees
liegt die Migräne.
Ich träume müde
vom kalten Bad
in der Menschenmenge

und laut niest
ein Mann
im Nebenzimmer 
in den Ellenbogen,

den er noch braucht,
um sich kalte Leiber
vom Leib
zu halten.

25.08.20

VERWIRRUNG


Wenn nicht
der Eine
dies sagt
und der Andere
das sagt,

widerspricht sich
der Eine selbst
oder widerspricht sich
der Andere selbst
und wer genau hinhört,

versteht
gar nichts
mehr.

23.08.20

VERHÄNGNIS


Der arme Fremde bangt und hofft
und kennt kein Dank und kennt kein Du!
Er deckt die bunten Träume oft
mit grauen Leichentüchern zu!

Die ganze müde Menschheit schwankt,
als bebte unser Herz und Boden
und armer Fremder hofft und bangt
und kennt kein Tadeln und kein Loben!
BEOBACHTUNG


Das Gesicht wird,
wie das Herz,
härter als Stein
und in der inneren Welt
zerbrechen
felsengleich
große Gestirne.

Das Gesicht wird,
wie das Herz,
härter als Stein,
und niemand
würdigt 
ein Steingesicht
eines Blickes.

22.08.20

TAGTRAUM


In den Träumen
in der Nacht
hör‘ ich Wind

und ich fühl‘
an dem Tag
kalten Wind

und ich seh‘
hellen Tages
dunkle Nacht!

15.08.20

ALLTAGS- 
SÜNDE 


Zwischen 
den Zähnen 
steckt das Essen 
vor dem Essen 

und zwischen 
dem Traum 
und dem Erwachen 
blitzt 

eine Nanosekunde 
Besinnung 
auf!

09.08.20

HOFFNUNG


Nach Morgengrauen
wecken alle Schwätzer
mit zugenähtem Mund auf!

Nach Morgengrauen
erwacht der lange Traum
schlafloser Stille!

Nach Morgengrauen
steht die Zeit,
wie der Raum,
still!
MONOLOG XX


Wie mich nur
das Grau 
unseres Alltages
und das Grau 
meiner Fassade
blenden

und an Fenstern
blaue Bäume
schüttelfrostgleich
zittern,

als träumten sie
heimlichstill
vom Sterben.

08.08.20

NACHT-
HITZE


Sommer 
glühen
ätherschwer 
im Aschenest!

Träume 
widern
noch mehr

als Schweiß
in der Nacht
an!

06.08.20

LEBENSLAUF


Du lebtest nur 
für Dich
und Du hast Dir
niemals 
ausgereicht.

Du lerntest 
einen Anderen 
kennen
und lebtest für Dich
und den Anderen.

Doch für Dich
und den Anderen 
zu leben,
war Dir niemals
genug.

05.08.20

ENTSETZEN


Des hohen Horizontes
steiler Sinkflug,
ist schneller
als Licht.

Zwischen 
den Silbensplittern 
blitzt

wunschtraumhell

die Angst
vor der Angst
Angst 
zu haben.

02.08.20

ANGSTTRAUM


Das Große wird das Kleine
und auf der Welt wird’s bunt und enger.
Die langen Tage werden länger,
wie alle Arme oder Beine.

Der Himmel bleibt nicht still und fort
und alles sinkt im Gliedermeer
und Klein wird Groß und Leicht wird Schwer
und Silbe - ganzes Wort.

01.08.20

HEUTE


Du hast
einen dicken Igel
im Mund

und auch 
einen dicken Igel
in der Brust

und das Gestern
verblasst,
wie ein Bluterguss
am Arm,

langsam!

28.07.20

MORGEN-
DIALOG


Hast Du 
gut geschlafen? 
Nein!

Hast Du 
was geträumt?
Nein!

Nein! Nein! 
Nein!
Hast Du 
was gesagt?
ISOLATION


Die Welt
flüstert
einsilbig,
als wär‘
sie fern.

Ferne
flüstert
einsilbig
„Welt“,

als wär‘
sie nah‘.

27.07.20

SONNTAGS-
HALLUZINATION


Der Wind ist heute
ein froher Jongleur!
Nun sieh‘ die Sträuße
und, Menschlein, hör‘
der Blume Freude!

Des Baumes Krone
ist Zuckerwatte! -
Nun sieh‘! Ich wohne
auf grüner Matte.
Nun hör‘! Ich lache!

26.07.20

TRAUMWELT


Hinter
steinhartem Gesicht
reist die Rebellion
rastlos
in alle Hirnregionen.

Hinter
dem Himmel
wachsen Himmel
in Purpursteppen

roter Welten
hinein.

24.07.20

REFLEXION


Oft bin ich 
müde.
Oft bin ich 
müde,
wie ich es 
noch nie 
war.

Oft bin ich 
müde,
wie ich es 
noch nie
war
und nie 
sein werde.

21.07.20

NACHT- 
FANTASIE


Hörst Du, 
als würden Zehnlinge 
geboren, 
das Geschrei? 

Hörst Du 
wie im Streit die Türen 
zugeworfen werden 
und der Nachbarn 
Todesgestöhn? 

Du hörst es nicht? 
Dank Ohropacks
höre ich es
auch nicht mehr!
ELEGIE IV


Ach!
Das Seelenleben
wird spröder
als der Elefanten
dicke Haut.

Wer in sein Inneres 
einkehrt,
tut es 
auf eigene Gefahr.
LEBENS-
GEFÜHL


Ach!
Jede Sekunde
stiller Einsamkeit
entreißt mich
mehr
und mehr
dem Gefühl
und Leben!

Ach! Das glaub‘ ich!
Ach! Das denk‘ ich!
Ach! Das weiß ich!
Vielleicht!

16.07.20

DASEINSLAST


Während das Verlassen froh
auf dem starren Dasein thront,
schwingt des Seelenspottes Echo
höher als der Erde Mond!

Das Verlassen, Mensch, verlässt
keinen kleinen Menschen mehr
und der Himmel letzter Rest
lastet auf den Schultern schwer!

11.07.20

HEIMFLUG


Aus der Erinn‘rung Schoß
entfliegen Museschwestern!
Mich lässt und lässt das Gestern
wohl nie und niemals los!

Das Nichtvergessen bleibt,
wie wirre Träume, wahr
und jedes Jammerjahr
 umschlingt die alte Zeit!