29.09.20

ELEGIE V


Wer der Schwermut zugetan,
kennt entspanntes Schweigen nicht
und verwirft den Lebensplan,
wie der Dichter sein Gedicht,
das von echter Liebe spricht.

Wer vor Jammer schwächelnd fällt,
kippt auf seinen Zinken bald.
Gestern stand die ganze Welt.
Heute bleibt sie schräg und kalt
und gibt keiner Seele Halt.

27.09.20

RESIGNATION XI


Der ganze Lärm wird,
wie das Wetter,
hingenommen.
Alles ist eben wie es ist,
und man kann nichts
dagegen tun.

Das Wort ist hohler
als ein von Käfern
zerfressener Baum
und das Wetter wird,
wie der Lärm,
hingenommen.

24.09.20

ALLTAGSWAHNSINN

Im Internet
werden die Strophen
vom alten Pablo Neruda
von bunter Reklame
getrennt


und bei jeder Sendung
kommt aller fünf Minuten
immer die gleiche Werbung

und auch die Glanzwelt
in meinem Traum blendet,
wie der Times Square,

jede Nacht
jeden Gedanken.

23.09.20

MONOLOG
XXI


Die Gräser
schwanken,
als wären sie
betrunken.

Die Bäume
schweigen,
als wären sie
verkatert.

Die Welt bleibt,
da sie blau ist,
grün.

20.09.20

SOMMER-
LETHARGIE


Der Goldsonne
hundert Strahlen
greifen
tentakelgleich

nach den Gefühlen
und Gedanken
der Menschen

und zwischen Hütten
und Palästen
ächzt

die Welt.

16.09.20

ERKENNTNIS XVII


Die Ignoranz
der Anderen
schürt
fleißig
den Großbrand
Weltschmerz.

Wenn
ein Mensch
niemals
wegsieht,

verschließt er 
immer
die Augen.

13.09.20

GEFALL-
SUCHT


Jedes Ding 
posiert
vor mir.

Jedes Ding
muss gefallen,
um Platz

im Raum
und Herzen 
zu finden.

Jedes Ding
atmet 
meinen Blick.

09.09.20

PLAGE


Auch heute bleibt Gedanke
in allen Orten Gast!
Wenn ich ans Fenster schwanke,
und mit den Bäumen zanke,
sitzt er auf jedem Ast.

Auch heute atmen Sorgen,
wie aller Kummer, frei!
Sie fühlen sich am Morgen
und Abend wohl geborgen,
- und Äste brechen entzwei.